Veranstaltung:

Dr. Leopoldo Siano (Vortrag)

„Zukunftsmusik: Stockhausen als Reinkarnation Wagners im 20. Jahrhundert?“

Internationales Begegnungszentrum IBZ, Amalienstr. 38
Samstag 11.02.2017 - 15:00 h

Von 1977 bis 2003 arbeitete Karlheinz Stockhausen wie besessen an seiner „Musikkathedrale“, dem Opernzyklus Licht. Gleichfalls 26 Jahre investierte Richard Wagner in den Ring des Nibelungen (von 1848 bis 1874). Allerdings dauert die Heptalogie Stockhausens 29 Stunden, das heißt ungefähr doppelt so lang wie Wagners Tetralogie. Nicht nur wegen der formalen Maßlosigkeit wurde Stockhausen mehrmals mit Wagner verglichen. Wie der „Ring“ ist auch „Licht“ eine monumentale Konzeption mit einem unverkennbaren Hang zum Gesamtkunstwerk (wie Wagner war Stockhausen Autor seiner Libretti). Stets und mit Entschiedenheit lehnte doch Stockhausen jedweden Vergleich mit Wagners Werk ab, indem er es als antithetisch zu seinem eigenem Opus betrachtete. Ihm war die Musik Wagners zu retrospektiv, emotionell und instinktiv; verächtlich nannte er sie: „Unterleibsmusik“. Nichtsdestotrotz stand Stockhausen Wagner viel näher als er zugeben konnte. Mit dem Sachsen teilte der Rheinländer die universalistischen und globalisierenden Ansprüche sowie das Streben, aus der Musik eine Religion machen zu wollen. Diesbezüglich wurde von unterschiedlicher Seite bemerkt, dass Stockhausen in Kürten ein neues „Erlösungszentrum“ beziehungsweise ein neues Bayreuth schaffen wollte. In diesem Vortrag wird Dr. phil. Leopoldo Siano anhand von Klangbeispielen und der Besprechung der jüngsten musikwissenschaftlichen Literatur zu diesem Thema die geheimen Affinitäten zwischen diesen zwei revolutionären Persönlichkeiten der deutschen Musikgeschichte veranschaulichen.

Dr. phil. Leopoldo Siano: nach seinen musikalischen und musikwissenschaftlichen Studien in Italien siedelt er 2009 nach Deutschland um, wo er sein Promotionsstudium an der Universität zu Köln mit einer Dissertation über den Werkzyklus „Klang“ von Karlheinz Stockhausen absolvierte. Diese Arbeit ist 2013 beim Wiener Verlag „Der Apfel“ veröffentlicht worden. Seit 2012 ist er Dozent am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln. Als Musikpublizist und Vortragender bei verschiedenen Institutionen ist er international tätig. Schwerpunkt seiner musikwissenschaftlichen Forschung liegt u.a. auf der Musik des 20. Jahrhunderts. Derzeit arbeitet er an seinem neuen Buch zum Thema „Musik und Weltentstehung“ (von der Barockzeit bis heute).