Veranstaltung:
Tom Artin, New York (Vortrag)
„Weißt du was du sahst?“ - Eine Interpretation der Schlüsselszene des Parsifal aus der Tiefenpsychologie Freuds
Internationales Begegnungszentrum IBZ, Amalienstr. 38
Samstag 11.11.2017 - 15:00 h
Nachdem sie im ersten Akt des Parsifal dem scharlachdurchfluteten Ritus der Enthüllung des Grals
gemeinsam zusahen, stellt Gurnemanz an den jungen Held die Kernfrage des Bühnenweihfestspiels:
Weißt du was du sahst? Diese Frage stellt ein Rätsel dar, deren Lösung zum Ziel der mühsamen Suche
des „reinen Toren“ wird. Die Antwort—allmählich wird sie enthüllt, wie auch der Gral selbst—ist das
allgemeine Erlebnis das Freud als die Urszene bezeichnete, welche im zweiten Akt von unserem Helden
nicht bloß nachempfunden, sondern unmittelbar und erschütternd körperlich in Kundrys leidenschaftlicher
Umarmung erlebt wird. „Amfortas! Die Wunde!“ ruft Parsifal aus im plötzlichen Zurückweichen vom
Rande der Penetration.
In dieser jähen Erkenntnis ist er überwältigt von der Realität der Kastrations-gefahr der im Kern der Urszene lauernd liegt. Diese Gefahr ist in der Person des verwundeten Gralskönigs anschaulich verkörpert. In dieser jähen Erkenntnis, ist er überwältigt von der Realität der Kastrationsgefahr der im Kern der Urszene lauernd liegt. Diese Gefahr ist in der Person des verwundeten Gralskönigs anschaulich verkörpert. Die emotionalen Folgen dieser erotischen Erleuchtung—Schuldgefühle, Reue, Mitleid, und schließlich doch Absolution—bilden die schrittweise Auflösung des Werks, welches in einer Fantasie von Erlösung und der ersehnten, aber illusorischen Lösung der Freudschen Urangst kulminiert.
